Reportagen

Reportage über die Kunsthandwerksmesse Résonance(s) in Straßburg

Beginnen möchte ich meinen Bericht mit zwei Kunsthandwerkerinnen, deren Arbeiten nicht aus textilem Material sind. Die Werke der beiden Künstlerinnen haben mich begeistert, vielleicht geht es Ihnen ebenso.

Die Arbeiten von Marie-Anne Tieffry sind aus Karton und ihre filigrane Struktur ist einfach hinreißend. Die Künstlerin hat eine Ausbildung als Innenarchitektin. 2003 hat sie den Karton als Werkstoff entdeckt. Sie nutzt mehrere künstlerische Disziplinen sowie Design und Skulptur und gestaltet weiche organische Formen voller Leichtigkeit.

Die Arbeiten von Sara Dario, der zweiten Künstlerin, deren nicht-textile Arbeiten ich Ihnen vorstellen möchten, sehen zumindest auf den ersten Blick so aus, als seien sie aus einem textilen Material. Sie sind aber aus Porzellan. Sara Dario schreibt auf ihrer Website: „Porzellan hat meine Leidenschaft für Fotografie und Bildhauerei durch den Siebdruck miteinander vereint. Die Streifen, welche meine Werke bilden, werden lesbare Geschichten zum Blättern, wo jeder sich hineinfühlen und wiederfinden kann.“  Sie hat eine eigene Siebdruck-Fotoätztechnik entwickelt, bei der die traditionellen Papier- oder Textilträger durch helles, sehr weißes Porzellan ersetzt werden.

Die Messe Résonance(s) wurde 2012 von der frémaa, einem Kunsthandwerkerverband im Elsaß,  von Kunsthandwerkern für Kunsthandwerker geschaffen. In der Corona-Zeit konnte die Messe nur virtuell stattfinden. In diesem Jahr waren Kunsthandwerker aus Frankreich, Deutschland, Belgien, Chile, Dänemark, Spanien, Finnland, Italien und Slowenien präsent. Ich habe die Messe an einem Sonntag besucht und war überrascht über den Publikumsandrang.

Ehrengast in diesem Jahr war die französische Textilkünstlerin Claude Como. Sie verwendet eine ganz besondere Technik für ihre großformatigen Arbeiten: das Tuften. Sie war selber anwesend und zeigte den interessierten Besuchern in einem Video, wie sie mit einer speziellen Tuftingmaschine die Fäden in die Trägerschicht schießt.

Michelle Mohr verwendet ebenfalls eine eher seltene Technik: Sie knotet ihre Teppiche mit einer Technik, wie sie für Freundschaftsbänder verwendet wird und schafft damit stabile Teppiche. Ihr Grundstoff sind sehr feste Schnüre aus Schafwolle. Die Wolle stammt aus Deutschland oder der Region. Sie arbeitet viel mit naturfarbenem Material, gelegentlich färbt sie es selber ein.

Anja Ritter von der Firma Siebörger webt feine Schals zum Beispiel aus Kaschmirgarn verstärkt mit Seide und/oder Merinowolle. Sie bietet auch transparente Gewebe aus Leinen und Bambus. Die Schals jeder ihrer Kollektionen sind immer Einzelstücke.

Eine weitere Weberin: Nathalie Warth. Auf einem Gestell hingen drei herbstlich anmutende Arbeiten. Sie verwende meist Naturfasern. Hier habe sie wegen des schönen Kontrasts auch einige Bändchen aus Kunstfasern eingearbeitet.

Die Damen am Stand von kayu-creation waren dabei, ihre „Steine“ neu zu arrangieren. Man habe am Vortag, also am Samstag, so viel verkauft, dass neu dekoriert werden müsse.  Solche gefilzten Sitz-Steine habe ich schon bei der Textile Art Berlin gesehen und auch damals war das Publikum sehr angetan.

Spannend fand ich die Erläuterungen des französischen Webers Mathieu le Traon. Das hier gezeigte von ihm gewebte „Bild“ ist nach Musik geschaffen, die Farben und Streifen entsprechen Noten. Auf seiner Website sagt er dazu: „Weben ist ein Tanz, ein Rhythmus, ein Atem…“ und ich lese auch: „Inspiriert von Landschaften, Geschichten, Literatur, Musik oder Mathematik können diese Kreationen als Modeaccessoires getragen, als Dekorationsartikel verwendet oder als Kunstwerke ausgestellt werden.“

Noch einmal Filzen: Murielle Romera kreiert Lampen aus feinem durchscheinenden Filz. Viele Löcher sorgen zusätzlich für gutes Licht. Die Wolle stammt von den Schafen ihres Mannes. Auf ihrer Website kann man aber auch andere textile Kunstwerke aus Schafwolle entdecken.

Im Atelier von Roxanne Filser treffen drei alte Techniken der Textilveredelung aufeinander: Naturfärbung, Shibori und Falten. Diese drei Techniken veredeln das Leinen, das in den Vogesen, dem Land der Textilien gewebt wird. Die Künstlerin liebt es, dieses Material zu formen und zu verformen. Bei diesen runden Bildern hat sie Leinenstreifen zu Formen gelegt.

Freudig habe ich eine alte Bekannte wieder gefunden: Stine Uldal von happyknit aus Dänemark. Bei ihr habe ich 2019 den Schal des Mitgefühls gekauft, den ich bis heute täglich trage. Die Geschichte vom Schal des Mitgefühls können sie hier in dem Interview mit ihr nachlesen. Leider ist mein Schal versehentlich in die Waschmaschine geraten und hat das nicht gut vertragen. Stine hat gleich angeboten, einen neuen Schal in einer der Farben aus ihrer Palette zu stricken!

Ein hauchzartes Triptychon hat es mir sehr angetan: die drei Schals von Nathalie Warth. Sie webt im Übrigen Tischwäsche, Bekleidungs- und Dekorationsstoffe auf Bestellung.

Textile Schmuckstücke kreiert die Straßburger Künstlerin Frédérique Stoltz, die sich Mademoiselle d’Ange nennt. Sie arbeitet seit 2007 im eigenen Atelier, wo sie originelle, farbenfrohe, verspielte, aber auch sehr raffinierte Stücke entwickelt.

Zu guter Letzt drei Kunsthandwerker, die die Equipe HL bilden: Héloise Levieux, eine Weberin, Antoine Bourel, ein Filzer, und Florence Wuilai, eine Designerin. Die drei hatten unter anderem ein stilvoll dekoriertes Bett mit Decken, Kissen und Paravent arrangiert. Zudem gab es gefilzte Taschen und Hüte zu sehen… und kaufen.