Vom 9. Mai bis zum 30. Oktober findet in Łódź in Polen die 15. Internationale Triennale der Tapisserie statt. Was 1972 als nationale Ausstellung begann, ist, nachdem vergleichbare Events in Lausanne und Kyoto in den 90er Jahren aufgaben, inzwischen die älteste und repräsentativste Textilkunst-Schau der Welt. Organisator ist das Zentrale Textilmuseum in Łódź. Die Auswahl unter den Bewerbern um die Teilnahme treffen „Consultants“ in den jeweiligen Ländern, da sie nach Meinung der Organisatoren die Szene in ihrem Land am besten kennen. Sie können bis zu fünf Arbeiten auswählen. Eine Ausnahme ist Polen, das als gastgebendes Land 15 bis 20% der Arbeiten stellen darf. Zu sehen waren 130 Arbeiten von Künstlern aus 46 Ländern.
Łódź war im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Zentrum der Textilindustrie und bietet eine Fülle prachtvoller alter, schön renovierter Textilfabriken und Paläste der Textilmagnaten. Die Triennale findet in der sogenannten Weißen Fabrik statt, die das Zentrale Textilmuseum beherbergt. In der 1835 – 1839 von Ludwig Geyer erbauten Fabrik stand die erste mechanische Baumwollspinnerei und -weberei von Łódź, die von der ersten Dampfmaschine der Stadt angetrieben wurde.
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Mit einer Gruppe textilinteressierter Frauen bin ich im September nach Łódź gereist und konnte einen ganzen Tag lang die auf drei Etagen prachtvoll gehängte Ausstellung bewundern und Fotos machen. Das alte Fabrikgebäude bietet viel Platz und viel Licht, optimale Voraussetzungen für eine derartige Ausstellung. Natürlich kann ich nicht alle Bilder zeigen und natürlich sind die Fotos, die ich zeige, nur eine sehr persönliche Auswahl. Der Katalog mit allen Bildern und KünstlerInnen ist im Textilmuseum erhältlich.
Es wurden eine Goldmedaille, zwei Silbermedaillen und drei Bronzemedaillen vergeben. Die Goldmedaille ging an die sehr politische Arbeit von Tereza Barabash aus der Ukraine mit dem Titel „Rain in Ukraine“. Diese Arbeit bestand aus vielen Nylonfäden und in Fäden eingewickelten Nägeln, ein sehr eindringliches Bild.
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Nicht nur bei dieser Arbeit habe ich mich gefragt, wie sie transportiert wurde. Haben sich die Fäden und Nägel beim Transport nicht hoffnungslos verheddert? Waren die Künstlerinnen bei der Installation präsent?
Für ihre Arbeit „Dedicated to Father. Vilnius City Hospital, Slippage (Lapse, mistake) No. 1“ hat Laima Ore-Oržekauskienė aus Litauen eine der beiden Silbermedaillen erhalten. Wie eine der Besucherinnen sehr klug sagte, hat sie Laken fotografiert, also den Stoff in digitale Daten umgewandelt, und diese nicht textilen Daten wiederum auf Stoff aufgebracht. Ich habe diese Installation als Trauerarbeit empfunden.
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Laima Ore-Oržekauskienė war im Übrigen auch bei der TEXTILE ART BERLIN 2015 mit großartig gewebten Arbeiten sitzender Frauen vertreten, die mit ihrer natürlichen Darstellung und perfekten Umsetzung viel Aufmerksamkeit erregt haben.
Zwei ganz unterschiedliche Arbeiten fielen durch sehr ähnliches Material auf: in der einen waren Zigarettenkippen verarbeitet, in der anderen Zigarettenfilter. Androna Linartas aus Mexiko nennt ihre Arbeit „Mass Suicide“, also Massen-Selbstmord, ein sehr passender Titel, finde ich.
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Delia-Maria Tossoni aus Argentinien nennt ihre Arbeit, ein Hochzeitskleid bestehend aus einem Nylongewebe und vielen Tausenden Zigarettenfiltern, „Purifying Bodies – Souls“, also etwa „Reinigung von Körpern – Seelen“.
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An der Arbeit „Legendary Hunter“ von Karina Presttun aus Norwegen schieden sich die Geister. Zwar habe ich die filigranen Details vor allem im Hintergrund bewundert, das Motiv war mir aber einfach martialisch: Gewehr UND Patronengurt! Andere Besucherinnen fanden das Gesicht des „Legendären Jägers“ freundlich und unaggressiv, die Secondhand-Stoffe wie einen Blümchenstoff im Brustbereich der Figur gut ausgewählt und die ganze Arbeit in ihrer filigranen Ausführung sehr überzeugend.
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Ganz spielerisch dagegen die Arbeit der baltischen Künstlergruppe Group Baltos kandy mit dem Titel „White Moths“ (weiße Motten). Sie besteht aus handbearbeiteter Kokonseide und dreht sich, daher zeige ich Ihnen zwei unterschiedliche Aspekte.
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Die in der Schweiz lebende wohl bekannte Quilterin Grietje van der Veen zeigt einen Quilt in Mischtechnik aus Baumwolle, Polyester und Tyvek mit dem Titel „Abandoned Mines and the Aftermath“ (Verlassene Gruben und das Danach). Sie sagt von sich auf ihrer Website, der Fokus ihres Interesses habe sich mehr und mehr auf den Einfluss des Menschen auf die Umwelt verschoben, sei dieser positiv oder negativ.
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Fasziniert sowohl im Ausdruck als auch in der Technik fand ich die Masken von Rafal Werszler aus Polen. In einer Flechttechnik formt er aus Papier unterschiedliche Gesichter, ein jedes mit ganz prägnantem Ausdruck.
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Auch an dieser Arbeit sind viele Besucherinnen länger stehen geblieben: in einem Geflecht aus Magnetbändern hängen von der Decke wie in langgezogenen Strümpfen Kugeln, deren Farbigkeit jedoch nur in den Spiegeln zu erkennen ist. Der Künstler Zlatko Cvetkovic aus Serbien nennt seine Arbeit „No More Shiny Disco Balls“ (Keine glänzenden Diskokugeln mehr).
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Die beiden folgenden Arbeiten „Blue Lace“ von Brigitte Amarger aus Frankreich und „Bag of Wind“ von Marianela Salgao aus Costa Rica gefielen mir aufgrund ihrer Zartheit besonders gut.
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Von Peter Horn stammt die einzige Arbeit aus Deutschland: ein Wandbehang mit dem Titel „Who did this?“. Für mich wirkt die Frau im Bild wie ein Opfer und die Figur im Vordergrund bedrohlich, auch wenn sie im Weggehen scheint. Peter Horm hat für seine Arbeit eine der Bronzemedaillen erhalten. Viel spielerischer eine weitere Webarbeit. Petra Kolinova aus Tschechien nennt sie „The Week of a Housewife“. Schauen Sie nur die vielen Details an: Staubsauger, Bügeleisen, Besen, Schrubber, aufgehängte Socken und ein BH etc. etc.
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Bei einer ganzen Reihe von Arbeiten wurden Bänder oder Stoffe gerollt, so auch bei „The Rainbow Thinking“ von Patricia Klöcknerova aus der Slowakei.
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Üppig bedruckt und gequiltet ist der Quilt von Judit Content aus den USA mit dem Titel „Labyrinth“. Die Form lässt an einen Kimono oder ein Triptychon denken. Die Detailaufnahme lässt das reiche Quilting erkennen.
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Ein besonderer Favorit von mit war die farblich sehr fein abgestufte Arbeit „Nine Colours (yellow – red)“ von Merja Keskinen aus Finnland. Sie hat kleine grob gewebte Webstücke auf einem feineren Hintergrundstoff aufgebracht und erzielt damit eine fantastische Stimmung von Morgenröte.
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Zu guter Letzt noch eine spielerische Arbeit, die sozusagen im Empfang der Ausstellung hängt. Die Künstlerin Anna Paola Cibin aus Italien lässt in ihrer Installation „Nuoto Daria“ viele Fische schweben.
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Ich danke Edda Gehrmann und Maria Gast-Ciechomska für die ausgezeichnete Organisation der Reise!
Das Bild im Titel dieser Reportage ist ein Detail aus der Arbeit „My Country, my Soul“ von Guida Fonseca aus Portugal.