Die Stickquadrate aus dem Projekt Guldusi kannte ich schon lange, bevor ich Pascale Goldenberg kennen gelernt habe. Pascale ist nicht nur die Gründerin dieses Stickprojekts in Afghanistan, sie ist auch eine herausragende Textilkünstlerin, wie zahlreiche Auszeichnungen beweisen. Ich habe sie gefragt:
Wo bist Du aufgewachsen?
In Grenoble.
Hast Du schon als Kind in der Familie Handarbeiten gelernt?
Ja, zuhause hatte meine Mutter mit allerlei Handarbeitsrichtungen experimentiert, wie Seidenmalerei, Batik, Weben, Töpfern, Emaillieren, Nähen, Sticken.
Wurde Handarbeiten auch in der Schule unterrichtet?
Nein.
Wie hast Du Patchwork und Quilten gefunden?
Mit 15 nähte ich die erste Patchworkdecke. Das war irgendwie selbstverständlich, weil mir die Wiederverwertung von Stoffresten im Blut lag. Meine Mutter nähte sämtliche Klamotten, die Stoffreste benutzte ich.
Mit zahlreichen Deiner Arbeiten hattest Du bei Wettbewerben Erfolg, unter anderem bei der Quilt-Triennale in Heidelberg und bei der Ausschreibung „Tradtion bis Moderne“ der Patchwork Gilde. Zeig uns bitte ein paar Beispiele.
Ich füge einige meiner Arbeiten bei.
Wie kam es zu Deinem Engagement für das Projekt Guldusi in Afghanistan?
Durch Zufall lernte ich 2001 Afghanen kenne und schätzen. Dann hatte ich die Idee, Frauen vor Ort beschäftigen zu können und eine traditionelle Technik, die des Stickens, wiederzubeleben. Ich dachte mir, die quadratischen Stickereien ließen sich einfach mit Patchwork-Techniken kombinieren, und sah in der Freizeit-Textilbranche eine Nische für den Verkauf.
Wie viele Frauen haben sich an dem Projekt beteiligt?
Es sind immer 200, aber in einer Art rollierendem System und über 17 Jahre. Insgesamt waren es einige Hunderte, die beteiligt waren.
Im Rahmen des Projekts werden auch Stickereien unterschiedlicher Volksgruppen angeboten. Worin unterscheiden sich die Arbeiten?
Es gibt zwei Programme, das erste, große in der Provinz Parwan nördlich von Kabul, wo mit Baumwollgarnen gestickt wird. Wir befinden uns unmittelbar vor dem Eingang des Pandschirtals, dort leben Tadschiken. Das zweite Programm befindet sich ganz im Westen Afghanistans bei Herat in einer Siedlung mit Rückkehrern aus dem Iran. Die Bevölkerung gehört der Volksgruppe der Haraza an. Die Nähe an Herat brachte mich auf die Idee, mit Seidengarnen sticken zu lassen. In Herat gab es früher eine große Seidenproduktion für die Herstellung von Turbanen. Ich wollte auch keine Konkurrenz zwischen den zwei Gebieten beziehungsweise Projekten schüren. Die Seidengarne sowie die Baumwolle für das erste Programm sind aber nicht aus der Lokalproduktion, sondern werden uns von der Firma MADEIRA Garne zur Verfügung gestellt, damit die Qualität stimmt und wir die Stickereien mit gutem Gewissen verkaufen können, sie sind dann waschbar. An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei MADERIRA Garne, ohne diese Großzügigkeit könnten wir die Stickprogramme nicht durchführen.
Wie konntest Du die Qualität der Stickereien verbessern?
Das Spannende an den Stickprogrammen sind die regelmäßigen Begegnungen mit den Stickerinnen. Dabei motiviert man sie, immer das Beste von sich zu geben, man kommuniziert, was gewünscht und nicht gewünscht ist. Ich zeige mit dem Finger und erkläre (mit Dolmetscher), was besonders ist, gepflegt werden muss und aufgebaut werden kann.
Bis vor kurzem bist Du häufig nach Afghanistan geflogen. Wie siehst Du die Zukunft des Projekts?
Mit vielen Fragezeichen bis die Lage in Afghanistan klarer ist, also die Taliban unter sich einig sind, bis sie wissen, ob sie Ausländer tolerieren wollen und bis die Lage sicher ist für meine Gastfamilie, den Chauffeur, die Dolmetscher, die Stickerinnen, sowie für mich. Das Konsulat muss wieder funktionieren, es muss wieder Flüge geben. Vielleicht weiß man am Ende des Frühling 2022 mehr.
Auf www.guldusi.com können Sie mehr über das Projekt erfahren und im Shop auch Stickereien kaufen.