30 ihrer Quilts hat Ursula Mehler bei der TEXTILE ART BERLIN 2016 in einer Ausstellung präsentiert. Ich habe sie nach ihrem Werdegang, ihren Erfolgen, Inspirationen und Plänen gefragt. Ich will sie ohne Unterbrechung erzählen lassen.
„Vor etwa 45 Jahren zeigte mir eine Nachbarin, wie man über Pappschablonen in Hexagonform ein Patchworkkissen herstellt. Ich war begeistert und hatte meine Passion gefunden. Nun machte ich (es gab damals noch keine Rollschneider und Schneidematten) einige Quilts auch mit dem geliebten Log-Cabin-Muster und war eine große Bewunderin der Quiltausstellungen im Textilmuseum in Heidelberg-Ziegelhausen. Dorle Stern-Sträter, Erika Odemer und Ruth Eissfeldt waren meine Idole. Ich fasste Mut und bewarb mich mit meinem Quilt „Schneckenschnickschnack“, eine Neuinterpretation des traditionellen Musters „Robbing Peter to pay Paul“ mit Durchbrüchen im unteren Teil, und wurde zu meiner riesigen Freude – gerade wegen der Durchbrüche – angenommen. Bis dahin hatte ich noch nie einen Quilt mit Durchbrüchen gesehen. Bei der nächsten Biennale bewarb ich mich mit einem Quilt in japanischer Falttechnik. Er war dreiteilig und hatte viele Durchbrüche. Auch er wurde angenommen. Eine Schweizerin kaufte ihn und berichtete mir immer wieder von meinem Werk und dass es ihm bei ihr sehr gut gehe.
Ich besuchte Kurse bei Nancy Crow und Michael James und Ned Wert, befreite mich von Schablonen und genoss es, meine Quilts frei zu gestalten. Dabei hatte ich eigentlich keine Vorbilder, sondern verfolgte meine eigenen Ideen. Anregung waren in erster Linie die Stoffe, die ich zum Teil selbst färbte oder die mir befreundete Schneiderinnen brachten. Ich liebe es, die Vielzahl der unterschiedlichen Stoffarten – von der dünnsten Seide bis zum dicksten Tweed – miteinander zu vereinen. Krawatten stehen mir in großer Zahl zur Verfügung. Man kann sie wie jede Seide verformen und dadurch ihre Musterung verändern. Ich habe Ehrfurcht vor jedem Stückchen Stoff und bin eine begeisterte Recyclerin.
Anfangs quiltete ich von Hand, aber durch die Viellagigkeit, die meine Arbeit jetzt ausmacht, ist Maschinenquilten angebrachter.
2010 war ein besonders erfolgreiches Jahr. Mein Quilt „Herbstrose“ wurde bei der Quilttriennale in Ziegelhausen angenommen und in Zons verkauft. Eine andere Rose bekam in Frankreich den ersten Preis, mein Quilt „My way through“ erhielt in Japan den Quilters Newsletter Preis. Da im selben Jahr der schreckliche Atomkraftunfall in Japan passierte, bat ich die Veranstalter, meinen Quilt zu verkaufen und den Erlös den Betroffenen zur Verfügung zu stellen. Die Zeitschrift Vogue ersteigerte ihn und hängte ihn in ihrem Foyer in Tokyo auf.
Seit 5 Jahren wohne ich im 15 Stock vom Collini-Center in Mannheim. Die Ausblicke nach allen Seiten auf meine Vaterstadt inspirieren mich immer wieder. Das sich ständig verändernde Licht fasziniert mich und ich versuche, das in meinen Arbeiten umzusetzen.
Bei der Textile Art Berlin hatte ich die Freude, etwa 30 Quilts ausstellen zu dürfen. Da ich jetzt schon 81 Jahre bin, war das ganz schön anstrengend, aber meine guten Freundinnen Christa Bialek und Teresa Schulz haben mir sehr geholfen. Ohne sie hätte ich es nie geschafft. Zum Schluss möchte ich sagen, dass mich mein Quilterweg sehr glücklich gemacht hat und dass ich mich hinter meiner Nähmaschine sitzendend sehr stark fühle. Meine Hoffnung ist, dass ich meine vielen Stoffe noch ein wenig reduzieren kann, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.“
Alle Fotos oben stellte Ursula Mehler freundlicherweise selbst zur Verfügung.
Zu guter Letzt noch vier Bilder von Beiträgen von Ursula Mehler zum Jahres-Sampler 2017, Wettbewerb der TEXTILE ART BERLIN, Foto Ronny Jaßmann