Sie kreieren Miniwelten unter Glas in sehr raffinierten Fassungen. Wir würden Ihnen dazu gern folgende Fragen stellen:
Wie sind Sie zu diesem sehr innovativen Schmuckkonzept, den beweglichen Miniaturen, gekommen?
Das erste ist natürlich Interesse an mechanischen Arbeiten.
Vor allem habe ich mich mit Uhrmacherei beschäftigt und das gelernte Goldschmieden
ist in den Hintergrund getreten.
Uhrmacherei ist sehr weit entwickelt und kann einen ausfüllen. Da gibt es viel zu studieren.
Von da zu Schmuck ist kein großer Schritt.
Es gibt Beispiele in der Schmuckgeschichte, z.B. die „Trembleuses“: Diamanten auf einer beweglichen Fassung, oder chinesischer Kopfschmuck mit Steinen, Tropfen, Schmetterlingen etc. Sehen Sie da einen Bezug?
Als das Interesse an beweglichen Sachen schon bestand, bekam ich einen Blick für anderes
Bewegliches.
Die große Schwierigkeit bei kleinen Objekten ist die fast nervös machende schnelle Bewegung, die eher einer Vibration gleichkommt.
Haben Sie Vorbilder unter den Schmuckdesignern?
Besonders hat mich interessiert:
A) der früher in Berlin lebende George Rickey hat Plastiken gemacht, die sich als leichtgängige Nadeln oder Platten im Gleichgewicht befinden (wie eine Waage)und sich im
Wind langsam bewegen und immer verschiedene Formen annehmen.
B) die mechanische Uhr muss leichtgängig sein und sie hat meine Arbeitstechniken bestimmt.
Was sind Ihre Lieblingsmaterialien und warum? Vielleicht erzählen Sie uns etwas zu den Farben und der Symbolik.
Das Material spielt keine große Rolle. Alles soll ja leichtgängig sein mit dünnen Achsen, sehr
schwachen Federn. Ich gehe pragmatisch vor.
Wenn alles funktioniert überlege ich mir Kontraste. Meist weißer Untergrund – darauf goldene schwingende Teile.
Die Glasabdeckung soll schützen und den Schmuck tragbar machen. Wie eine Uhr.
Es sollte nicht sehr technisch aussehen, obwohl es präzise gearbeitet sein muss.
Den Raum erschließe ich nicht, wie das George Rickey bewundernswert getan hat.
Schmuck soll tragbar sein – das bedeutet Einschränkung. Einschränkungen regen an, anstatt zu hemmen.
Es entstehen kleine bildartige Objekte.
Was inspiriert Sie zu einem neuen Werk?
Inspiration kommt nicht von außen. Immer dran denken. Eine vage Vorstellung. Dann anfangen. Und meist geht es weiter. Die zwangsläufige Unvollkommenheit des Anfangs schreit nach Verbesserung. So geht es eben weiter. Dann kommen die Ideen schon. Eines folgt aus dem andern usw.
Interpretiert wird während der Arbeit und später.
Bei einem Ring mit sich veränderndem Teil könnte ich mir einen Käfer vorstellen, der vor dem Fliegen seine Flügel probiert und dabei seinen andersfarbigen Körper zeigt.
Alle Fotos der Schmuckstücke von Michael Ott.