Reportagen

Kimono – Fukumi und Yoko Shimura / Japonismus – Ausstellung im Bröhan-Museum, Berlin vom 19. Juni bis 6. September

Die kleine, sehr feine Ausstellung von rund 20 Kimonos und etwa 10 Wandbehängen von Fukumi und Yoko Shimura im Bröhan-Museum ist ungemein beeindruckend und wird wunderbar präsentiert.

Die 91-jährige Fukumi Shimura trägt als „Bewahrerin eines bedeutenden immateriellen Kulturguts“ in ihrer Heimat den Titel „Lebender Nationalschatz“. Man kann ihr im Museum in einem Film zusehen, wie sie Pflanzen sammelt, Seidenstränge mit Pflanzenfarben färbt und in ihrer Werkstatt aus Seide und Rohseide Stoffe webt. Zum Färben verwendet sie unter anderem Bambusblatteiche, Wurzeln des Purpurkrauts, Indigo, Stielblütengras, rote Lilie, Gagelstrauch, japanischer Losbaum, Sappan, Zwiebel, Färberkrapp, Färberdistel, Gardenie, Eiche. Mit jeder Pflanze, jedem Blatt lasse sich färben, und jede Pflanze ergebe einen anderen Farbton. In der Ausstellung hängen Seidenstränge an Stangen mit fein abgestuften Farben von Zartrosa bis kräftig Rot und Braun, von Grün bis Lila.

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Fukumi Shimura ist der Überzeugung, dass es eine Beziehung zwischen den Mondphasen und den Farben gibt, deshalb arbeitet sie nach dem Mondkalender. In den 80er Jahren hat sie sich mit Goethes und Rudolf Steiners Farbenlehre auseinandergesetzt. Unermüdlich forscht sie weiter auf diesem Gebiet. Man benötige ein ganzes Leben zur Erforschung der Farben.

Die Kimonos sind von schöner Schlichtheit. Verwendet werden durchaus auch kräftige Farben, aber keine Päonien, keine Kraniche, sondern sanfte Farbverläufe, große Farbflächen, interessante Strukturen durch Fäden unterschiedlicher Dicke, wenig Musterung. Eine Ausnahme ist der Kimono „Wind und Tau“, der wie ein koreanischer Pojagi anmutet: zusammengesetzt aus großen Resten der Kimonoherstellung, durchscheinenden Stoffen mit deutlich sichtbaren Nähten. Zwar bunt, aber nicht aufdringlich.

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Fukumis Tochter Yoko zeigt Wandbehänge, darunter Hachikasugi, eine Parodie auf Leonardo da Vincis „Dame mit dem Hermelin“. Ihre Interpretation zeigt eine Dame im geblümten Kimono mit einem Hut, auf dem Sternenkonstellationen zu sehen sind. Die Dame ist als Holzschnittmedaillon in eine seidene Wandrolle eingearbeitet.

Die Kimonos sind umgeben von Objekten, Fotografien und Grafiken aus der Zeit des Jugendstils. Die Auseinandersetzung mit japanischer Ästhetik war um 1890 eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung der neuen Stilrichtung.

„Ohne die Anregungen durch die japanische Kunst und Kultur hätte es den Jugendstil, so wie wir ihn kennen, nicht gegeben. Durch die politische und wirtschaftliche Öffnung Japans seit den 1850er Jahren war der Kontakt der europäischen Künstler mit japanischer Kunst und Ästhetik erst möglich geworden. Im Ergebnis floss viel Japanisches in die europäische Kunst (Malerei, Design, Graphik usw.) ein – der Japonismus entstand.
Durch diesen Einfluss entstanden eine neue Betonung dekorativer Linien, Flächen und Muster, eine neues Gleichgewicht zwischen Hintergrund und Dekoration, die fließende „japanische“ Linie, Mut zur leeren Fläche, ungewohnte Bildanschnitte und Perspektiven, die Neigung zu abstrahierten und doch klar erkennbaren Pflanzen- und Tiermotiven (wie z. B. die Iris und die Päonie, die Libelle, der Pfau und die Pfauenfeder) und vieles mehr.
An den räumlichen Rändern der Kimono-Ausstellung gibt es dafür wunderbare Beispiele zu sehen wie beispielsweise ein Paravent mit Mohnblumen-Dekor.
Aber auch ein Gang durch das Erdgeschoss des Bröhan-Museums mit der ständigen Ausstellung belegt diese Bedeutung japanischer Kunst und Ästhetik für den Jugendstil mit vielen Beispielen.“ (Dr. Birgit Ströbel)