Reportagen

Interview Elmar Müller, einem Sammler von Textilkunst

Sie haben eine große Sammlung von Kunst und Kunsthandwerk aus verschiedenen Kulturen. Was hat Ihre Faszination für textiles Kunsthandwerk geweckt?

Schon immer haben spezielle handwerkliche Fertigkeiten verschiedenster Art mein Interesse geweckt. Als ich vor Jahren erstmals eine Weberei in Vientiane besuchen konnte, war ich dem Zauber der Seidenweberei erlegen. Die Komplexität der Herstellung der feinen laotischen Seide, die Färbemethoden, der Mechanismus eines Webstuhls und das eigentliche Weben selbst faszinieren mich noch immer.
Zusammengefasst sind es folgende Faktoren, um die es mir geht:
Das Kunsthandwerkliche der Herstellung: Das Färben und die Herstellung der Farben -Naturfarben oder Anilinfarben -, das Weben selbst, ob kleine Webstühle oder die riesigen Webstühle in Surin, die Techniken des Stickens, Kreuzstich oder Reverse appliqué, und zuletzt das Batik in Indonesien.
Dann das Design: Feine flächige thailändische Designs, spezielle kulturelle oder religiöse Motive in Laos, symbolische Motive mit Blüten, Tieren und geometrischen Mustern in Laos auf Alltagstextilien gestickt.
Zuletzt die kulturelle oder spirituelle Bedeutung und wenn möglich die Geschichte eines Objekts.

Erzählen Sie uns, was Sie zum Sammeln gebracht hat?

Sammeln ist vermutlich eine der ältesten Verhaltensweise des Menschen. Schon Kinder neigen zum Sammeln. Dies war bei mir nicht anders. Vor dem Besitzen eines Objekts steht das Suchen, das Aussuchen, der Kontakt mit dem Hersteller oder Verkäufer, die Information über das Objekt. Ich kann mir nicht vorstellen, ein Objekt zu kaufen ohne etwas über dessen Hintergrund der Herstellung, des Herstellers, den kulturellen Zusammenhang zu wissen. Insofern ist das Sammeln auch immer eine Beschäftigung mit der Kultur und Geschichte des Herkunftslandes.

Hat Ihr Beruf Sie in viele Länder geführt?

Eindeutig Nein. Aber das ferne Länder und das Reisen war immer schon meine Leidenschaft und ein wichtiges Gegengewicht zu meiner Berufstätigkeit.

Aus welchen Ländern bzw. Regionen der Welt haben Sie Textilien oder Gegenstände gesammelt?

Mein Sammlertrieb regte sich bei meiner ersten USA-Reise und richtete sich auf Kachinas und Keramik der Indianer des Südwestens. Dann ergaben sich einige Abstecher nach Mexico. Darauf folgten Südafrika und Botswana. Zwei Reisen führten nach Indien.
Der mehrfache Weg nach Australien war bedingt durch private Gründe. Um die langen Flugzeiten in kleinere Häppchen zu teilen, erwiesen sich Stops in Bangkok als ideale Lösung. So lernte ich nach und nach erst Thailand, dann von Bangkok aus auch Laos und Kambodscha kennen. Auf demselben Weg führten mich die Reisen zuletzt auch nach Indonesien und hier Bali, Lombock und Java.

Sie bieten über Ihre Webseite www.waycrossart.com viele Gegenstände und Textilien zum Kauf an. Möchten Sie uns einige besonders schöne vorstellen?

Das scheint mir die schwerste Frage zu sein. Drei Lieblingsstücke möchte ich vorstellen, die meine Intentionen besonders repräsentieren:

WANDBEHANG „DIAMONDS“
Seide, Naturfarben
Vier gerahmte Diamanten (Zeichen für Glück und Wohlstand) in unterschiedlicher Farbgebung sind mit supplementärem Weben auf die schwarze Seidenmatrix gewebt. Hier bewundere ich die feinste laotische Seidenweberei, die Vielfalt der typischen Designelemente und die ausgewogenen Farben.
Größe 200 x 76 cm
Herkunft: Okpoptock, Luang Prabang

PIDAN, CYK Phnom Penh, Kambodscha
Preah Vihear „Tree of Life“
Seide, Naturfarben, Größe 216 x 95 cm
Traditionell werden Pidans im Buddhismus als Tempelschmuck hergestellt. Während der mörderischen Herrschaft der Roten Khmer 1975-1979 wurden die Pidans als „dekadent“ oder „bourgeois“ vernichtet oder im Tausch gegen Waffen ins Ausland verkauft. Anhand von gerettetem Bildmaterial werden nun diese alten Muster wieder durch CYK (Caring Young Khmer) hergestellt.
Der Pidan zeigt das typische Schiffsmotiv, das sich auf Seefahrer beziehen soll, die den
Buddhismus in das Khmer-Reich brachten. Außerdem Tempel, Tiere, Bäume.

STORYCLOTH, Salat Tao, Vientiane, Laos
Der Umgang mit Nadel und Faden sei den Laoten schon in die Wiege gelegt, wird gesagt. Deswegen findet sich die bunte textile Welt der Laoten überall wieder, in Bekleidung, Hüten, Taschen, Applikationen, gerne verbunden mit Silberschmuck. Der große Wandbehang, Storycloth genannt, stellt gestickt das bunte Landleben der verschiedenen Ethnien dar.
Nachdem die Hmong, eine der Ethnien, im Vietnamkrieg auf Seiten der Amerikaner gekämpft hatten, flohen sie nach dem Abzug der Amerikaner nach Thailand und lebten dort in Flüchtlingslagern. Dort begannen sie, ihre Geschichte in Wandteppiche gestickt darzustellen, was sich bald als wirtschaftlich sehr erfolgreich herausstellte.
Größe 230 x 145 cm.
Zur Herstellung befragt kicherten die Verkäuferinnen: „Drei Frauen, drei Monate“.

BATIK Tulis-Batik (Design), Popiler, Denpasar, Bali
„Schmetterlinge und Blüten“
Wandbehang oder als Sarong verwendbar.
Meine Vorstellung von Batik stammen aus früheren Zeiten, wo hier allerlei Bekleidung eingefärbt wurde und bunte, verwischte Effekte ergab. Dass Batik aber feinste Handarbeit ist, in der das Wachs mit kleinen Kännchen flüssig Punkt für Punkt oder als Blockprint aufgetragen wird, das Gewebe dann gefärbt, ausgewaschen und der Prozess mehrmals wiederholt wird, das konnte ich in Indonesien erleben. Noch ein Beispiel der Vielfältigkeit der textilen Kunst.
Größe: 210 x 112 cm.

Was soll einmal aus Ihrer Sammlung werden? Interessieren sich Museen dafür?

Leider interessieren sich hierzulande die Museen für die Schätze privater Sammler nicht. Entsprechende Anfragen werden mit dem Hinweis auf bereits überfüllte Lager quittiert. Besser ist, eine komplette Sammlung einem der renommierten Auktionshäuser anzubieten, die sich aber mit einer Ausnahme meist im europäischen Ausland, vor allem in Belgien, befinden. Ich bemühe mich jetzt, meine Sammlung zu verkleinern und biete deswegen einige Objekte über meine Webseite an. Die Bilder stellen die vier ausgewählten Objekte dar.

Hier ausserdem noch einige Bilder mit speziellem Design.