Reportagen

Bericht über die art karlsruhe 2018

Viel zu wenig Textiles, fand ich, war auf der 15. art karlsruhe zu sehen, die vom 22. bis 25. Februar stattfand. „Die Kunstmesse bedient den bewährten Geschmack der Sammlerschaft aus dem Südwesten“, liest man in der Welt vom 24.2.2018.

215 Galerien aus 14 Ländern, zehn Galerien aus Frankreich, neun aus Italien boten Kunst für den großen Geldbeutel, zumeist in der Preisklasse zwischen 10.000 und 50.000 Euro. Auch ein später Kirchner („Sängerin am Piano“, 1930) für 3,7 Millionen war im Angebot.

Was ich mich beim Rundgang durch vier riesige Halle gefragt habe, war: Wo ist neben all den vielen Bildern in Öl die Textilkunst? Vielleicht müsste die Frage eher lauten: Wo sind die Galerien, die Textilkünstlerinnen und -künstler vertreten und ihre Werke anbieten?  Ja, es gab textile Werke zu sehen, aber die Künstler, die sie schaffen, verstehen sich zumeist nicht in erster Linie als Textilkünstler.

Eine Ausnahme: Die in Karlsruhe lebende Patrizia Waller nennt sich Häkelkünstlerin. Sie zeigte gehäkelte Skulpturen, unter anderem „Broken Tweety“ sowie „Mouse and Cheese“. In einem Interview mit ka-news meinte sie auf die Frage, was sie auf eine Südseeinsel mitnehmen würde, unter anderem: „Wolle und eine Häkelnadel“!

Die portugiesische Künstlerin Joana Vasconselos schafft neben Werken mit anderen Medien auch Textilkunst. Von ihr wurden die großformatigen Arbeiten „Moving Sands“ (119.000 €) und „Stilleben“ (110.000 €) angeboten. Dekorativ im freien Raum stand eine weitere Arbeit von ihr. Aus dünnen Eisendrähten hat die Künstlerin eine riesenhafte bauchige Teekanne mit dem Titel „Ostfriesland“ geschaffen. Man kann sie für 38.000 Euro erwerben.

Kleinere umhäkelte Keramiken wären eher erschwinglich gewesen.

Zwei textile Arbeiten des Malers Herbert Zangs (* 27. März 1924 in Krefeld; † 26. März 2003 ebenda) sind mir aufgefallen. Die Arbeit links ist ein Objekt der 90er Jahre. Es ist ein PP-Gewebesack mit Auslauf, mit mystisch-barbarischen Zeichen bemalt. Bei der Arbeit rechts hat er Korken mit Faden in Baumwolle geknüpft und später verschweißt.

Von der Künstlerin Claudia Kallscheuer aus Berlin zeigte die Berliner Galerie Mianki drei Arbeiten. Auf Nessel hat sie mit rotem Nähgarn Wetterberichte aufgenäht.
Andreas Amrhein schrieb 2009 über sie: „Die Welt ist voll von … kleinen visuellen Kostbarkeiten und optischen Kuriositäten, die andere Leute links liegen lassen, die Claudia Kallscheuer aber als Material für ihre kleinen bizarren, bisweilen poetischen (dreidimensionalen) Collagen benutzt. … In den allerneusten, vielversprechenden Arbeiten Claudia Kallscheuers ersetzt gestickte Nähseide Pinsel und Farbe bzw. Zeichenstifte.“

Keine textilen Arbeiten, aber Arbeiten über Textiles waren von Sabine Ostermann zu sehen:
„Leute machen Kleider oder umgekehrt“ mit Linolschnitt und Ölfarbe.

Mit Teppich auf Holz schafft der Künstler Alex Flemming große Flugzeug-Skulpturen. Das Flugzeug mit dem Kelim hat mir besonders gut gefallen.

Mir sind vergleichsweise viele Arbeiten aus Papier aufgefallen, zum Beispiel „Story“ von Luchio Lim, „Dialoge 1-2“ von Ren Rong und „Landscape 2017“ von Zhuang Honh Yi.

Ein Tryptichon auf Holz von Alexandra Huber brachte mich zum Schmunzeln, es trägt den Titel „Wortwechsel bei Familientreffen“. Während zugeklappt allerhand große und kleine Figuren vor einem Haus zu erkennen sind, sind bei aufgeklppten Flügeln viele Sprüche zu lesen, die in einer Familie eben so zu hören sind.

Ein zartes Stickbild der japanischen Malerin Sakiko Nakamura mit dem Titel „Happy Pig and Fish“ war eine Insel in einer Flut von Gemälden.

Robert Metzkes realistische kleine Skulpturen aus Terrakotta haben mir gut gefallen. Wie schade, dass keine Arbeiten seiner 2014 verstorbenen Mutter Elrid Metzkes, einer großartigen Textilkünstlerin, zu sehen waren.

Auf der „Museumsmeile“ präsentierten sich neben dem ZKM Karlsruhe oder dem Kunstmuseum und der Staatsgalerie aus Stuttgart auch Häuser wie das Kunstmuseum Moritzburg, das auf eine Ausstellung mit Klimt-Werken hinweisen wollte.

Eine Erdogan-Karikatur sorgte derweil für Aufregung. Der Galerist hat das Bild „Türkischer Diktator“ von Thomas Baumgärtel nach lautem Protest eines türkischen Journalisten abgehängt. Der Künstler trennte sich darauf von seinem Galeristen.