Portraits & Interviews

Interview mit Pia Fischer

Pia Fischers Know-how ist atemberaubend, ebenso wie ihre Kreativität und Phantasie. Ich habe das Kleid „Puzzle“ gesehen, noch bevor ich 2002 die Künstlerin und Schneidermeisterin Pia Fischer im Ephraim-Palais in Berlin kennenlernte. Ein königliches und zeitloses Kleid, das alle Arbeiten der Designausstellung „ECHT“ um Meilen übertraf.  Diese unglaubliche „Art-to-wear“, entstanden aus Tausenden von Modelabels, deren Formen und Farben einen märchenhaften Stoff mit der „Farbe der Zeit“ schaffen, wurde zum Paradekleid, das manchmal unter anderen Arbeiten bei den Modenschauen gezeigt wird, die Pia jedes Jahr für TEXTILE ART BERLIN organisiert. Lassen Sie uns wetten, dass ihre neue Kollektion im Juni wieder mit Standing Ovations begrüßt wird.  (Natacha Wolters)

Folgende Fragen konnte ich Pia Fischer stellen:

Wann hast Du Deine Leidenschaft fürs Textile entdeckt?

Meine Großmutter hatte unbewusst etwas ins Leben gerufen, dass heute zu meinem Leben gehört. Sie war Heimnäherin für die Firma „calida“. Wöchentlich wurden ihr große blaue Säcke mit Unterwäsche geliefert. Sie vervollständigte Höschen und Hemdchen mit gelb- schwarzen calida-Etiketten. Ich durfte damals schon damit spielen. Auch meine Mutter führte uns 4 Kinder an den Wochenenden zur Kreativität. Sie zeigte uns verschiedene Techniken, wie wir mit einfachen Mitteln wundervolle Objekte zaubern können. Töpfern, schneiden, hämmern, stricken, häkeln, kleben, nähen…….. Also lag der Grundstein in meinem wunderbaren Elternhaus.

Du hast mehrere verschiedene Ausbildungen abgeschlossen, würdest Du mir davon erzählen?

Meinen Wunschberuf musste mangels schulischen Kenntnissen fallen lassen. Daher fiel meine Wahl zur Schneiderei. Nach 3 Lehrjahren schnupperte ich einige Monate das Berufsleben. Als Diplomierte Damenschneiderin absolvierte ich anschließend eine Weiterbildung als Modezeichnerin in Basel an der Kunsthochschule. 2 Jahr an der Akademie der Künste in Wien lernte ich die wiener Mentalität und eine internationale Uni kennen. Wieder zurück in Luzern eröffnete ich meinen ersten Laden  und so entstanden nach und nach meine ersten ausgefallene Creationen.  Tragbare Kleinkunst für Körper, Hälse, Hände und Finger.

Du bist Schweizerin, was hat Dich nach Berlin gebracht?

Nach Berlin bin ich wegen meiner großen Liebe gekommen. Daraus entstanden 3 wundervolle Söhne.

Wie hast Du Deinen persönlichen Stil entwickelt und wie würdest Du ihn beschreiben?

Einen persönlichen Stil habe ich nicht. Die Menschen  geben den Creationen ihre eigne erfahrbare Sichtweise. Ich arbeite nach meinem Herzen. Die Ideen die mir gegeben werden, setze ich um in die Sichtbarkeit.

Du bietest unter anderem tragbare Textilkunst z.B. aus Etiketten und Reißverschlüssen an. Wie bist Du auf die Idee gekommen?

“ Am Anfang war das Wort….“ So auch bei meiner Arbeit. Durch eine Kritik konnte ich über meinen damaligen Tellerrand schauen und mit viel Intuition entstandenen in den letzten 15 Jahren verschieden interessante Linien. Wie ein Baum, der immer mehr Zweige und Früchte reifen lässt.

Wie lange arbeitest Du an einer besonders aufwändigen Robe? Machst Du alles selber?

Die Arbeitsintention eines jeden Produkts ist ganz unterschiedlich. Die sichtbare Arbeitszeit beinhaltet in Stillen ein heranreifen, wie ein Werden eines Embryos. Daher fertige ich meine Creationen selber. Die verschiedenen Arbeitsgänge ermöglichen mir Neuschöpfungen, indem ich Neues erkennen kann.

Du kreierst auch Bühnenkostüme, ist das eine besonders reizvolle Aufgabe?

Für andere Menschen zu wirken, stellt eine große Herausforderung dar. Ich setze mich mit dieser Person und dessen Anliegen auseinander. Es entsteht eine Symbiose. Ich tauche ein in die Welt des Anderen. So kann ich erfühlen, was das Bedürfnis desjenigen ist und so reift der Wunsch zur Wirklichkeit.

Was inspiriert Dich zu immer neuen Kreationen?

Alles

Du engagierst Dich stark u.a. bei den Textile Art Berlin, wo Du die Modenschauen organisierst, ein Highlight der Veranstaltung. Würdest Du mir davon erzählen?

Wo ich bin, bin ich immer 100%. Die Textile Art Berlin ist ein gemeinsames Werk. Ich bin ein Teil davon. Ich trage dazu bei, was ich kann. Die Modenschau und mehr……..

Textilkunst ist gefühlt das Stiefkind der „großen“ Künste. Woran liegt das Deiner Meinung nach?

Jedes Gefühl macht man selber. Textil ist für mich ein Teil meines Lebens. Ich schöpfe aus der großen Quelle. Aus meinem Herzen. Aus der Liebe. Was kann da falsch sein?

Am Ende zählt schlussendlich nicht die Äußerlichkeit, sondern was man aus den Gaben gemacht hat, die man bekommen hat. Ich entdecke jeden Tag neue Gaben und werde alle ausprobieren, bis an mein körperliches Ende. Es ist spannend. Genieße.

Alle Fotos wurden von Pia Fischer zur Verfügung gestellt.
Die Website von Pia Fischer ist: www.creationpiafischer.de
Hier noch ein interessantes Video mit einem Interview mit Pia Fischer YouTube: https://youtu.be/mhdtwOUGPsk