Ich habe Edith de Vos, die Gründerin der NGO Baobab Children Foundation, bei der TEXTILE ART BERLIN im Juni interviewt, bei der sie einen farbenfrohen Stand hatte. Inzwischen ist sie wieder in Ghana, wo sie 8 bis 9 Monate im Jahr lebt.
Vielen Dank, dass Sie sich während der Messe Zeit für ein Interview nehmen. Bitte stellen Sie uns doch Ihr Projekt vor.
Ich lebe seit 15 Jahren in Ghana und habe dort die NGO Baobab Children Foundation gegründet. Eines unserer wichtigsten Projekte ist die „Baobab Schule für Handwerk und traditionelles Kunsthandwerk“. Das war nicht geplant, das kam aus dem Leben heraus. Wir arbeiten mit sehr bedürftigen Jugendlichen, die nicht in die Schule gegangen sind, also Analphabeten, außerdem mit Jugendlichen, die aus der Schule herausgefallen sind und mit Körperbehinderten. Die Schule hat das Ziel, diese Jugendlichen zu alphabetisieren – sie lernen Lesen, Schreiben und Rechnen – und erhalten gleichzeitig eine Ausbildung in einem Handwerk oder einem Kunsthandwerk. Meistens haben sie aber zwei oder drei praktische Fächer, die sie lernen. Am Ende ihrer Schulzeit machen sie eine staatliche Prüfung. Wir haben derzeit 80 Jugendliche, die während des Trimesters bei uns in der Schule leben, also eine Internatsschule. In den Ferien gehen sie zurück in Ihre Dörfer. Das hat einen finanziellen Grund, aber wir wollen auch, dass sie den Kontakt nicht verlieren. Unser Zentrum ist ein bisschen wie eine Oase in einer Gegend, die sehr arm ist. Wir bauen mit lokalen Materialien und ganz einfach, haben eine Biofarm und Pilzzucht. Wir haben sehr viele Bäume gepflanzt im Laufe der Jahre und versuchen damit, auch ökologisch einen Einfluss zu nehmen auf das Abholzen und dessen Folgen.
Wie finanziert sich das Projekt?
Wir finanzieren das Projekt darüber, dass wir in Deutschland Paten haben, und Sponsoren, die auch regelmäßig einen Betrag bezahlen. Bauprojekte beantragen wir von größeren Organisationen. Wir haben in Ghana ein Geschäftshaus. Die Geschäftsidee ist, in Ghana auch Geld zu erwirtschaften und den Jugendlichen zu zeigen, dass ihre Produkte etwas wert sind. Sie lernen by doing, also produzieren sie auch. Wir haben einen Laden, in dem wir die Produkte verkaufen, die wir jetzt auch hier auf der Messe verkaufen, außerdem ein Restaurant und Gästezimmer. Die Schüler lernen dort servieren und kochen und auch, wie man so einen Laden managt. Wir haben ein Team von 14 Schülern. Das Geschäftshaus liegt in Cape Coast, das sind 25 km weg von unserem Schulzentrum. Dahin kommen jeden Tag zwei Schüler, helfen mit und lernen gleichzeitig. Bei unserer Arbeit mit den Schülern und Schülerinnen ist immer Helfen und Lernen kombiniert. Wir möchten, dass sie das Gefühl haben, sie müssen auch etwas für Baobab tun, weil sie ja alles umsonst bekommen. Wir bezahlen alles für sie, aber wir erwarten auch, dass sie etwas zurückgeben, indem sie helfen, einen kleinen Betrag zur Finanzierung beizusteuern durch Produkte, die wir wiederum verkaufen können.
Zum Beispiel die Stoffe, die hier sind, die sind von fortgeschrittenen Schülern produziert. Wenn sie ihre erste Prüfung bestanden haben, dann absolvieren sie ein internes Praktikum in unserer eigenen Werkstatt. Dort entstehen dann auch qualitativ bessere Stoffe. Nach der zweiten Prüfung machen sie 6 Monate Service für Baobab. Da kann dann schon einiges entstehen. Wir schreiben auf, was sie produzieren und sie bekommen 10 % vom Erlös gutgeschrieben. Wenn sie dann die Schule verlassen, bekommen sie dieses Geld, um ein kleines Business zu beginnen.
Sind die Stoffe gebatikt oder wie sind sie entstanden?
Die Stoffe sind wachsgebatikt oder auch mit Abbinde-Technik gefärbt. Das ist nur ein kleinerer Teil, der größte Teil ist handgedruckte Wachsbatik. Die Stoffe kaufen wir in Ghana.
Werden sie dort auch hergestellt?
Nein, leider nicht mehr. Das hat China kaputt gemacht. China kopiert auch diese Batikstoffe. Sie machen Fotos davon und drucken die dann und werfen sie ganz billig auf den Markt. Das ist ein ganz großes Problem. Es gibt nur noch zwei Fabriken in Ghana, die bedruckte Stoffe herstellen. Ansonsten stammen diese Batikstoffe alle von Frauen, die sie in kleinen Unternehmen herstellen. Aber die Grundstoffe, Kaliko wird der Baumwollstoff in Ghana genannt oder der Damast, den kaufen wir über eine Batikfrau in Accra, die uns das aus einer Fabrik besorgt. Aber die Fabrik wird von Chinesen geleitet und die importieren nur.
Gibt es in Ghana einen Markt für diese Stoffe?
Ja, die Ghanaerinnen und Ghanaer sind sehr traditionell eingestellt und sie tragen liebend gern gebatikte, bedruckte oder handgewebte Kente-Stoffe. Gut, man sieht auch einen Anzug und einen Schlips, aber man sieht ganz, ganz viele traditionelle Stoffe.
Gewebt wird bei Ihnen nicht?
Doch, wir machen dieses Kente-Weben, das ist in Ghana das traditionelle Weben. Da werden die Streifen gewebt und werden dann normalerweise zusammengenäht zu einem großen Stoff. Und der Chief oder andere wichtige Personen werfen sich diesen Stoff dann über, wenn sie zu einem festlichen Anlass gehen. Frauen lassen sich davon Kleider nähen, wenn sie zur Hochzeit gehen oder sie legen sich so einen Streifen über die Schulter um zu zeigen, wir gehen zu einem festlichen Anlass. Die Ghanaer sind sehr traditionsbewusst.
In Accra bauen sie jetzt eine Shoppingmall nach der anderen und dort bekommt man wie hier oder in London inzwischen alles als Fertigprodukte. Aber es gibt noch sehr viele Leute, die sich einen Stoff kaufen und zur Schneiderin gehen.
Aber in den Shoppingmalls wird man diese Stoffe nicht bekommen?
Die Batikstoffe selber nicht, aber bedruckte Stoffe und Kleidung aus diesen Stoffen. In jeder Shoppingmall gibt es mindestens einen traditionellen Laden, in dem auch ganz traditionelle Kaftane und alles, was Ghanaer so lieben und gerne anziehen, verkauft wird.
Sie reisen mehrfach im Jahr nach Europa?
Ich bin 8 bis 9 Monate im Jahr in Ghana und komme dann für drei bis vier Monate nach Deutschland. Da gehe ich dann auf Märkte, im Augenblick auf nicht so viele, da der Aufwand sich oft nicht lohnt im Verhältnis zu den Einnahmen. Wir versuchen jetzt eher Fair Trade Großhändler und Läden zu finden, die unsere Produkte in ihr Sortiment aufnehmen und uns auch als kleine Organisation beraten, wie wir unsere Produkte in Europa vermarkten können. Vielleicht schaffen wir es ja auch, irgendwann in der näheren Zukunft einen Internetladen aufzumachen, wonach uns Kunden auch jetzt schon immer fragen.
Vielen Dank für das Interview!