Portraits & Interviews

Interview mit der Textilkünstlerin Antje Scholz

In einer Fernsehsendung zum Oderbruch habe ich die Installation der Textilkünstlerin Antje Scholz zu den Wasserläufen im Oderbruch gesehen und war ganz fasziniert. Ich wollte mehr von ihr wissen.

Sie haben an der FAK Schneeberg Textilkunst studiert. Warum haben Sie sich für diese Ausbildung entschieden?

Die FAK Schneeberg nahm zum damaligen Zeitpunkt vorrangig Bewerber an, die eine handwerkliche Ausbildung, d.h. technisches Interesse und Fertigkeiten hatten. Meine Ausbilderin, die Handweber-Meisterin Sigrid Buch in Diedrichshagen hat mich für Muster, die durch Webtechniken entstehen können, begeistert.

Es gibt nicht viele Hochschulen, an denen man Textilkunst studieren kann. Was haben Sie für sich mitgenommen?

In der Schneeberger Schule habe ich das großzügigere Denken in Bezug auf Formen gefunden und lernte mit den Techniken zu spielen.

In einer Fernsehsendung zum Oderbruch habe ich Ihre Installation zu den Wasserläufen im Oderbruch gesehen und war ganz fasziniert. Erzählen Sie uns, wie es dazu kam.

Seit 1994, nach meinem Diplom-Abschluss als Textil-Künstlerin, baue ich textile
Installationen, meist mit Fäden und Stoffen bzw. mit Naturmaterialien jährlich im Rahmen der Sommerwerkstätten des Endmoräne e.V – Künstlerinnen aus Brandenburg und Berlin und an anderen Orten verschiedener Symposien, Wettbewerben usw. in größeren Dimensionen.

Das Material ist verfügbar und wie von mir gewünscht, vergänglich. In diesen Werkstätten lernte ich verschiedenste Räumen kennen und begann ein Verständnis für ihre Zusammenhänge zu entwickeln.

Über die vielen Jahre und mit dem Handwerk im Hintergrund habe ich einige Erfahrungen und Sicherheit gewonnen.

2016 haben mich Kenneth Anders und Lars Fischer vom Oderbruch Museum Altranft gefragt, ob ich mit meinen Techniken das Wassersystem des Oderbruchs mit seinen Besonderheiten und Schwierigkeiten darstellen könnte.

Wie lange haben Sie an der Installation gearbeitet?

Zusammen mit meinem Mann für die Recherche der Höhen und Tiefen der Grundwasserstände, des gesamten Geländes und der Verortung der Orte, Flüsse, Dämme usw. und wasserbaulichen Strukturen, habe ich dieses Zusammenspiel mit Fäden zu einem „Gespinst“ innerhalb eines halben Jahres aufbauen können.

Dieser Auftrag wurde der Beginn meiner Zusammenarbeit mit dem Oderbruch Museum, für das ich das gestalterische Gesamtkonzept erstellte und nun betreue.

Sie bauen auch an anderen Ort textile Installationen auf, erzählen Sie uns bitte davon.

Einige Arbeiten:
Im innersten Raum mit Lichtschacht der Villa Thyssen in Hennickendorf verknotete ich Leinengarn zu einem Spinnennetz Dickicht. „von Staub zu Staub“ /2010

Auf dem damaligen Neuhardenberger Kasernengelände verband ich 2 Kasernen mit Baumwollfäden. „zeitweilige Flutung“ /2011

Für einen großen Raum in der Wittenberger Nähmaschinenfabrik vernähte ich 120 qm Wäsche zu einem großen Tuch. Das habe ich in eine Ebene, Hals Höhe, aufgehängt. „vorbei, vorbei“ /2014

In Hennickendorf am Stienitzsee umwickelte ich im Park eine Baumgruppe mit Fäden. „Ahnung II“ /2016

In dem gleichen Jahr bekam ich für die Installation „Zeit“ mit sechs ca. 6 Meter langen, aus Flachs geschlungenen „Röhren“, im ehemaligen Gefängnis Luckau, den Spektrale Nr. 7 Preis.

2020 habe ich als ein Projekt vom Oderbruch Museum Altranft das „Tuch der Heimaten“ genäht. Dafür habe ich von Oderbrüchern kleine Stücke Stoffe bekommen, auf die ich ihren früheren Heimatort und das Jahr ihrer Ankunft im Oderbruch stickte. Diese Arbeit vergrößert sich mit jeder Ausstellung. Durch die vielen Gespräche und Geschichten verbindet mich immer mehr mit den Bewohnern, ob Alteingesessen oder Zugezogen.

In diesem Jahr, 2020 bespielt der Verein Endmoräne das leerstehenden Kino in Frankfurt Oder. In einem Treppenaufgang über 3 Etagen ließ ich in einem Fadennetz Kleidungsstücke abwärts fliehen.

Sie leben im Oderbruch, was ist das Besondere an dieser Landschaft. Finden Sie dort Ihre Inspiration?

Das Oderbruch mit seiner Weite und Klarheit, und auch die Alleinlage unseres Hofes auf dem ich mit meiner Familie seit 1990 wohne, geben mir die nötige Ruhe und Inspiration für einfache Formen in feinteiligen Techniken.