Portraits & Interviews

Interview mit der Fotografin und Sunprinterin Maria Conceição Pires

Die portugiesische Fotografin Maria Conceição Pires hat lange im Marketing- und PR-Bereich gearbeitet. Dann hat sie sich mit einem Fotogeschäft selbständig gemacht. Darüber hinaus hat sie neue Drucktechniken für ihre Fotos erforscht und ein eigenes Sonnendruckverfahren mit sonnenempfindlichem Farbstoff entwickelt.

Sie sind Fotografin, in welchen Bereichen haben Sie bisher gearbeitet?

In meiner Arbeit als Fotografin habe ich mich in den letzten 10 Jahren auf Portraits und Travel Photography spezialisiert. Portraitfotografie gibt mir die Möglichkeit, einen Einblick in das Vertrauliche eines Menschen werfen zu können; die einzigartigen, manchmal versteckten Züge des Kunden zu entdecken und sie portraitieren zu können. Dies erfordert Einfühlung, Geduld und Liebe zum Handwerk. Fotografie schärft das Auge für Details und erfordert die Kreativität, gleiche Themen in immer neuen Formen darzustellen. Diese Leidenschaft für die Entdeckung von neuen Details ist auf andere Bereiche der Fotografie übergesprungen. Obendrein sind viele der Portraits und Reisefotografien auf der Straße fotografiert worden, also habe ich zur gleichen Zeit sehr viele Details der Straßenarchitektur wie Lampen, Fenster oder Kacheln aufgenommen. So habe ich angefangen, Attraktionen der Lissabonner Straßen zu fotografieren; anfänglich ohne große Vorstellung davon, was für ein Projekt sich daraus entwickeln könnte.

Wie sind Sie zum Bedrucken von Textilien gekommen?

Im März 2013 habe ich eine Arbeit in Prag angenommen. Und als der lange, kalte und dunkle Winter (eine Situation, die ich von zu Hause so nicht kannte) einfach nicht enden wollte, habe ich meine Kollektion von Lissabonner Bildern herausgeholt, bearbeitet und mir überlegt, wie ich sie künstlerisch drucken könnte. Ich suchte nach einer Möglichkeit, auf nachhaltige Weise zu drucken und Unikate zu kreieren, die die künstlerische Seite der Fotos heraushoben. Da ich in Lissabon Workshops für alternative Fototechniken realisiert hatte, kam mir die Idee, die Bilder mit Cyanotypie zu drucken. Cyanotypie benutzt lediglich Sonnenlicht für den fotografischen Entwicklungsprozess. Schnell kam mir die Idee, den Druck auf Stoff auszuprobieren und somit ergab sich die Möglichkeit, Fotografie auf Kleidung zu übertragen und künstlerisch zu gestalten. Cyanotypie auf Kleidung entsprach jedoch nicht ganz den Ansprüchen der Textilpflege, deshalb habe ich ein fotochemisches Verfahren gesucht, das sowohl ökologisch, ästhetisch als auch waschfest ist. Dieses Verfahren habe ich im sogenannten „Sunprinting“ gefunden, einer Technik, die UV zur fotochemischen Färbung benutzt. Diese Technik macht Textilien haltbar und ist ökologisch, sparsam und nachhaltig.

Welches Verfahren benutzen Sie zum Bedrucken von Textilien?

Dieses Färbeverfahren ist ein 100prozentig manuelles Verfahren. Alle Schritte werden manuell nacheinander ausgeführt und jeder Druck ist einzigartig. Alle Stoffe (ich benutze ausschließlich natürliche Stoffe wie Baumwolle, Leinen und Seide) werden einzeln behandelt und bedruckt. Je nach Produkt, das ich anfertigen möchte (Kleidungsstück, Tasche, Kissen etc.), muss ich mir vorher überlegen, wo der Druck angebracht werden soll. Dann erst wird der zu bedruckende Stoff mit der lichtempfindlichen Emulsion an der Stelle behandelt, wo später der Druck erscheinen soll.

Können Sie uns das Verfahren etwas ausführlicher beschreiben?

Zum Bedrucken der Textilien benutze ich ein fotochemisches Verfahren, das einen Färbeprozess mit Hilfe von Sonnenlicht in Gang setzt. Die flüssige Emulsion, die die Reagenzien enthält, wird auf die Textilien gemalt oder gestrichen. Dieser „Aufstrich“ gibt dem Endprodukt die Streicheffekte, die am Rand des Musters zu sehen sind. Der „bemalte“ Stoff wird zusammen mit der Schablone (Negativ, Blätter etc.) so lange dem Sonnenlicht ausgesetzt, bis ich mit der Endfarbe zufrieden bin. Während die Textilien dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, reagieren die Reagenzien, das bedeutet, Energie wird freigesetzt und verbindet sich mit den Textilien. Diese Reaktion sehen wir als Farbtöne.  Die Länge der „Belichtungszeit“ unter UV entscheidet über die Farben, die am Ende des Prozesses herauskommen. Die Muster entstehen durch das Abdunkeln des Stoffs mit Schablonen. Wo kein oder weniger Licht auf den Stoff trifft, gibt es keine oder weniger Reaktion und somit verfärbt sich die Farbe nicht oder wenig. Zur Festigung der Farbe wird der Stoff ordentlich gewaschen, damit alle überschüssigen Moleküle ausgespült werden und der Stoff nicht weiter reagiert.

Wo finden Sie die Motive, mit denen Sie ihre Textilien bedrucken? Auf Ihrer Website sehe ich zum Beispiel die Muster von Azulejos.

Am Anfang habe ich meine Lissabonner Fotos von Straßenansichten, Kacheln oder Fenstern gedruckt. Diese Motive sind so gut angekommen, dass ich sie bis heute in der Kollektion beibehalten habe. Inzwischen nehme ich Fotografien von anderen Städten und geometrische Muster. Lissabon inspiriert mich trotzdem weiterhin.

Die Farbe Blau scheint für Sie eine wichtige Rolle zu spielen?

Blau ist meine Lieblingsfarbe. Außerdem ist die Farbe sehr mit den ursprünglichen Kacheln verbunden. Portugal hat eine 900 km lange Meeresküste, so dass blau eine dominierende Farbe in meinem Leben ist. Technisch gesehen erreiche ich viele Zwischentöne, von Türkis über Marine bis Babyblau. Aus diesem Grund ist es eine sehr „kreative“ Farbe.

Sie bieten auch an, Textilien nach den Wünschen der Kunden zu bedrucken?

Es gibt die Möglichkeit, Stoffe mit eigenen Motiven drucken zu lassen. Zum Beispiel für die Anfertigung eigener Kollektionen. Seien es Kleidung, Heimtextilien wie Kissen, Lampenschirme oder Sessel. Kunden können mir ihre Textilien mit ihren Druckwünschen zusenden. Farben, Druck, Motive, Größe des Druckes sind anpassbar und individuell angefertigt.

Machen Sie alles selbst oder haben Sie eine Werkstatt und Angestellte?

Alle Druckarbeiten werden eigenhändig von mir in Lissabon angefertigt. Die Veredlung wird von Partnern ausgeführt. Ich besitze eine kleine Werkstatt, die in einen Startupkomplex eingebunden ist (https://www.boutiquedacultura.org/). Dort werden viele meiner Arbeiten angefertigt und ein kleines Sortiment kann dort auch angesehen und gekauft werden.

Wie vertreiben Sie ihre Produkte, ausschließlich über das Internet?

Meine Produkte können über meine Webseite www.lightfactoryshop.com gekauft werden. Außerdem im kleinen Laden der Boutique da Cultura. Für Einzelanfertigungen und besondere Drucke stehe ich jederzeit zur Verfügung. Kontakte

Alle Fotos wurden von Maria Conceição Pires zur Verfügung gestellt.