Im Museumsquartier des St. Annen-Museums in Lübeck wird derzeit (und noch bis 29. Juli 2018) die private Modesammlung der Düsseldorferin Monika Gottlieb gezeigt. Mehr als 50 Haute-Couture-Roben und annähernd so viele Accessoires illustrieren die Sternstunden der westeuropäischen Haute-Couture der 1950er und bis in die 1970er Jahre. Einige wenige Ausstellungsstücke sind viel jüngeren Datums. Die Modelle der unmittelbaren Nachkriegszeit zeigen nachdrücklich den Wunsch, die eher karge Mode der Kriegsjahre weit hinter sich zulassen und neue Ideen (wie den ‚New Look’ von Christian Dior), betörende Schönheit und exzellente Qualität zu zeigen.
Den Auftakt der Ausstellung macht eine ‚Symphonie in Rot und Weiß’ mit fünf Entwürfen von Christian Dior (1958) bis Christian Lacroix (2002) – vier in roter Farbe, einer in weißer Farbe – vor kahlem weißem Mauerwerk. Von oben ‚schneien’ fortlaufend unterschiedlich große weiße Lichtpunkte. Eine hinreißende Inszenierung, die die Besucherin neugierig macht auf das noch Kommende.
Weitere französische Modestücke, darunter auch Kostüme, Cocktailkleider, Sommerensembles und Mäntel gibt es ein Stockwerk höher, arrangiert in einem Oval, über dem Papierkugeln schweben: ‚Bunt, leicht, vielfältig’ könnte hier das Motto lauten. Dieses Motto kann auch gelten für die ‚französisch-italienische Ecke’ schräg gegenüber mit Modellen u. a. von Nina Ricci und Yves Saint-Laurent. Hier zeigt die Nahsicht, die nicht von Glas gestört wird, wunderbare Details der Stoffe und Applikationen auf dem Gürtel.
Auf der anderen Seite dieses Stockwerks sind sechs Modelle von amerikanischen Modeschöpfern zu sehen, u. a. von Oscar de la Renta. Wollte man einen Unterschied zur europäischen Mode ausmachen, dann könnte es vielleicht eine größere Schlichtheit und Sachlichkeit sein, aber die Nähe zu den europäischen Entwürfen ist unverkennbar.
Verglichen mit der bis dahin gelungenen Ausstellungsarchitektur enttäuscht die ‚italienische Abteilung’ ein Stockwerk höher. Die zahlreichen Kleider, Mäntel, Kostüme, u. a. von Mila Schön, Emilio Pucci oder Roberta di Camerino, sind einfach aneinandergereiht – in meinen Augen ein eher uninspiriertes Arrangement. Die sehr bunten Pucci-Modelle stehen zudem zu dicht aneinander, um in ihrer jeweiligen Eigenheit glänzen zu können.
Ganz und gar dafür entschädigt fühlte ich mich am Schluss der Ausstellung in der obersten Etage, wo drei Abendgewänder sehr unterschiedlichen Stils um einen Divan in Barock-Anmutung zum ‚Grand Bal’ arrangiert sind. Erstaunlicherweise sind alle drei so verschiedenen Modelle vom gleichen Designer, Stéphane Rolland, für Jean-Louis Scherrer entworfen: Ein schlicht geschnittenes goldfarbenes Abendkostüm von 2000/01, das nur für den Laufsteg kreiert wurde, und eine Abendrobe von 2003/04, deren schlichter schwarzer Seidensamtrock und goldfarbenes Oberteil mit einem roten Perlengürtel in Lippenform zusammengehalten wird, rahmen eine weinrote Abendrobe in Mantelform ein. Die Knöpfe sind aus roten Kristallen, eine lange Schleppe und die Armabschlüsse von Nerz gesäumt und der Samt abwärts der Taille ist bemalt mit Motiven, die an wenig heilige Engel oder verführerische Putten denken lassen. Wollte man das Entstehungsjahr dieser Kreation bestimmen, käme man nicht ohne weiteres auf die Winterkollektion 1988/89. Trotz der barocken Anklänge wirkt es zeitlos und singulär.
Die verschiedenen Abteilungen der Ausstellung sind begleitet von den jeweils zugehörigen und passenden Accessoires: Handtaschen, Modeschmuck, Gürtel oder Handschuhe, auch Parfümflakons und kleine Werbeschenke (wie z. B. Handspiegel, Weihnachtskarten oder ein Spielzeugstuhl) sind zu sehen.
Bei weitem am schönsten fand ich den Damenhut in Zylinderform von Hermès von 2006! Nur – welches Outfit könnte frau dazu tragen???
Alle Fotos sind von Birgit Ströbel.