Portraits & Interviews

Interview mit der Textilkünstlerin Heidi Drahota

Arbeiten von Heidi Drahota habe ich 2023 in Sainte-Croix-aux-Mines bei Carrefour Européen du Patchwork gesehen und mir vorgenommen, die Künstlerin zu interviewen. Nun hat es anderthalb Jahre gedauert, bis das Interview zustande kam, aber ich finde, das Warten hat sich gelohnt.

Wo sind Sie aufgewachsen und wo leben Sie heute?

Gebürtige Oberpfälzerin, bin mit 5 nach Mittelfranken gekommen und erfolgreich zur Großstädterin mutiert. Ich lebe heute mitten in Nürnberg.

Haben Sie textile Handwerke schon als Kind in der Familie gelernt?

Ja! In den 60ern lernte man alle textilen Techniken. Eine Oma war Schneiderin, die andere strickte, Mutti nähte alle unsere Kleidung auf ihrer Pfaff. So kam ich ganz selbstverständlich damit in Berührung. Besonderen Einfluss hatte jedoch meine Tante. Die zeigte mir das Häkeln und fortan wurden meine Puppen behäkelt.

Sie haben lange als Lehrerin gearbeitet, sich dann aber der Textilkunst zugewendet, wie kam es dazu?

Ich habe im Rahmen meines Studiums auch Kunst studiert. Es war immer Teil meines Lebens, mich künstlerisch zu betätigen. Dass ich mich wieder mit textilen Stoffen und textilen Techniken beschäftigen wollte, hatte tatsächlich damit zu tun, dass ich als Lehrerin arbeitete. Eine Projektwoche ‚Filzen‘ mit einer Textillehrerin gab den Ausschlag. Das war eine komplett neue Technik, die ich da kennengelernt habe. Und ich wurde eine richtig begeisterte Filzerin.

Was reizt Sie an Textilien als Kunstform?

Das Haptische, die Weichheit , die Vielseitigkeit.

Welche textile Techniken nutzen Sie?

Alle und noch viel mehr!

Wie würden Sie Ihre Arbeit beschreiben?

Politisch, zumindest überwiegend.

Wie kreieren Sie ein Stück? Können Sie den Weg zum fertigen Kunstwerk beschreiben?

Oftmals geht der Prozess beim Thema los. Ich lese eine Schlagzeile, ich sehe einen Beitrag im Fernsehen, ich höre eine Radiosendung. Eine Zeile, ein Zitat, etwas, dass mir auffällt, im Gedächtnis bleibt. Und es bildet sich vor meinem inneren Auge ein Bild. Oft erstelle ich eine Skizze und überlege, welche Techniken ich einsetzen möchte, welche Materialien ich verwende, um dieses Thema für mich optimal zu transportieren. Dann geht’s auf die Suche, erste Proben werden erstellt, wenn ich gefilzte Partien integrieren möchte, oder ich erstelle Druckvorlagen. Oder ich produziere meine Ecoprints, die ich verwenden könnte. Langsam ergibt sich ein Ganzes. Manchmal werfe ich eine Idee komplett um. Manchmal lasse ich eine Arbeit ruhen, manchmal auch jahrelang.

Woran arbeiten Sie gerade?

Gerade ruhen alle meine Projekte. Ich hatte 15 Jahre ein großes Atelier, das ich jetzt räumen muss. Ein immenser logistischer Aufwand.

Sie haben die internationale Ausstellung „Stoff zum Nachdenken“ initiiert und sie nach Prag und Birmingham gebracht, bitte erzählen Sie uns davon.

Das Ganze begann natürlich erst einmal in Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte. 2015 ging der Preis der Menschenrechte an Amirul Haque Amin, Gewerkschafter der Textilindustrie von Bangladesh. Anlässlich der Preisverleihung führte ich in der Fußgängerzone eine Mitmachaktion ‚Stoff zum Nachdenken‘ als Zeichen für Frieden, Toleranz, Gewaltfreiheit, Antidiskriminierung, Freiheit… als Zeichen für das Eintreten für die Menschenrechte durch.

Daraus entstand ein überdimensionales ‚Bürgerbild‘. Um das zu verkaufen, wurde 2016 ein Aufruf zu der internationalen Ausstellung ‚ Stoff zum Nachdenken‘ gestartet, die im Rathaus Nürnbergs anlässlich des Friedensmahls erstmals gezeigt wurde. Es gelang mir, hochkarätige Künstlerinnen für diese Ausstellung zu gewinnen. Der Erlös daraus ging an den Preisträger, der die ca. 5400 € für Projekte für Frauen in der Textilproduktion einsetzte, die besonderen Ressentiments ausgesetzt sind.
Es folgte die Einladung nach Prag zum PPM. Und so ergab es sich, dass ich diese Ausstellung noch 2 Jahre in Eigenregie weiter betreute. Für mich eine großartige Erfahrung.

Wo werden Sie ihre Arbeiten 2025 ausstellen?

Da ist noch nichts geplant. Meine private Situation der letzten 2 Jahre hatte mich sehr eingespannt. In Nürnberg ist eine Ausstellung 2026 geplant. Dann wird es wohl erst wieder losgehen. Ich warte, vielleicht ergibt sich ja auch durch diesen Artikel eine Möglichkeit!

https://www.heidi-drahota.de